Aus dem drittes Buch,  PLATON,  Der Staat

»Deshalb also, mein Glaukon", sagte ich, » ist die Erziehung durch Musik so überaus wichtig, weil am tiefsten in die Seele Rhythmus und Harmonie eindringen, sie am stärksten ergreifen und ihr edle Haltung verleihen: solch edle Haltung erzeugen sie, wenn man richtig erzogen wird, wenn nicht, dann die entgegengesetzte.  Und zum andern, weil das Fehlerhafte und Schlechte am Kunstwerk wie in der Natur am schärfsten der erkennt, der in der Musik richtig erzogen ist, und weil er - aus gerechtem Unwillen darüber - voll Freude das Schöne lobt, es in seine Seele aufnimmt und sich nährt davon und schön wird und trefflich; das Häßliche aber tadelt er mit Recht und haßt es schon in früher Jugend, ehe er noch den Grund zu erfassen fähig ist.  Wenn dann die Vernunft erwacht, begrüßt sie freudig und erkennt sie durch die Wesensverwandtschaft am meisten jener, der so erzogen ist.